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Radio Okerwelle 104.6,
Manuskript der Sendung "Nanometer-extra" vom 09.10.2007
 
 

DIE FOTOZELLE  
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Zwanzig Jahren ist es her, dass George Orwells Roman 1984 "Big Brother" als unbehagliche Vision in aller Munde war. Mittlerweile, da jeder mit dem Handy in Sekundenbruchteilen ein Bild knipst und sich im Internet massenhaft kommerzielle, anonyme, private und öffentliche Bilder vermengen, liegt die Reizschwelle ganz wo anders, kaum ein Bild, das noch juckt. Vielleicht ist es an diesem Punkt ganz interessant, an die Wurzeln zurückzugehen, in eine Epoche, in welcher elektrisch erzeugtes Licht ein Novum war und bald darauf der Urahn aller "elektrischen Augen" - die Fotozelle - erfunden wurde. Wahrscheinlich die wenigsten wissen, dass das Wolfenbüttel des Jahres 1890 Stätte dieser Pionierleistung war. Eine Ausstellung über Julius Elster und Hans Geitel im Schlossmuseum Wolfenbüttel erinnert daran. Auf ihr Prinzip kommt Dirk Raecke zu sprechen, Lehrer für Physik an der Großen Schule Wolfenbüttel.

DR Also eigentlich alle Dinge, in denen heutzutage Lichtsignale umgesetzt werden in elektronische Impulse beruhen auf diesem Prinzip, dass irgendeine elektrische Eigenschaft sich aufgrund der Lichtverhältnisse ändert.

Als Beispiele für einfache, diese Abhängigkeit ausnutzende Geräte nennt Raecke Dämmerungsschalter, Einparkhilfen und Rauchmelder. Auf deren Innenleben geht er konkret ein.

DR ... das sind Reflektionslichtschranken, da wird Licht ausgesendet, reflektiert. Falls Rauch im Raum ist, streuen Rauchpartikel Licht. Es kommt weniger Intensität an, das löst Alarm aus.

Wie alle elektronische Bauelemente sind die lichtempfindlichen Bauteile mittlerweile extrem miniaturisiert. Man hat es heute nur noch Zylinderchen und Quäderchen zu tun, die ähnlich den Pilzen im Waldbodenstreu auf Platinen stehen. In der Elster & Geitel - Ausstellung dient aber eine große Fotozelle nach altem Bauplan dem Zweck der Demonstration. Was sich auf der Ebene unsichtbarer Elementarteilchen im Inneren dieses Glaskolbens tut, beschreibt Dirk Raecke.

DR Da passiert erst mal nicht viel. Das heißt erst mal, an der Schicht, aus der nachher durch das Licht Elektronen herausgeschlagen werden sollen, ist der negative Teil angeschlossen und an der kleinen Ringanode, die man in der Fotozelle auch noch hat, der positive Teil. Wenn jetzt Licht auf Zelle fällt, wir können ja mal grünes Licht nehmen, wenn die Intensität gesteigert wird, dann werden immer mehr Elektronen herausgeschlagen, aus der Kaliumschicht und jetzt sieht man, dass dort ein kleiner Strom von zehn Mikroampere fließt. [...] Was man hier nicht demonstrieren kann, was aber Elster und Geitel gemacht haben, die haben halt ganz viele verschiedene Materialien genommen, weil die verschiedenen Metalle auch verschieden stark diesen lichtelektrischen Effekt aufweisen.

Nachdem Julius Elster und Hans Geitel erkannt hatten, dass die von ihnen erfundene Fotozelle Lichtmessungen ermöglichte, beschrieben sie eine speziell dafür entwickelte Apparatur, erklärten das Messverfahren und beantragten 1892 beim Kaiserlichen Patentamt das Urheberrecht dafür. Doch keine Firma hatte Interesse an einer Verwertung. So entrichteten sie 1895 die fälligen Gebühren nicht und ihr Schutzrecht lief aus. Ein Patent auf die Fotozelle hätte einige Jahrzehnte später seinen Inhaber steinreich gemacht.


DER TESLATRANSFORMATOR  
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Wellengeschwängerte Luft macht das Leben bequem: Die Fernbedienung per Infrarotwellen unterstützt beim Fernsehen die Kanal-Wahl, dank WLAN-Funk kann der Laptop in Heim und Garten auf dem Schoße seine Dienste tun und per Mobiltelefon sind Millionen niemals ohne sozialen Anschluss. Im Rahmen einer Sonderausstellung zeigt man derzeit im Schloss Wolfenbüttel eine kabellos schwebende und dennoch leuchtende Neonröhre. Ob dieses Stück in eine noch schönere Welt, mit noch weniger Strippen, Buchsen, Steckern und Fassungen locken soll, erfahren Sie in einem Beitrag von Markus Hiereth

js0103 Man sieht den Teslatrafo auf der linken Seite. Hat oben eine Kugel. Aus dieser Kugel springen Funken in eine isoliert aufgehängte Leuchtstofflampe. Diese beginnt zu Leuchten.

Jonathan Schilling, Schüler am Wolfenbütteler Schlossgymnasium erklärt nicht nur die ganze Anordnung, er ist es auch, der ihr Herzstück, den sogenannten Tesla-Transformator gebaut hat. Und offen gestanden ging es ihm dabei weniger um das Licht, vielmehr demonstrieren die knisternden Blitze zwischen der Kugel und der Neonröhre, dass seine Apparatur Spannungen von einigen zehntausend Volt erzeugt.

Im Wolfenbüttel des späten 19. Jahrhunderts brauchten Julius Elster und Hans Geitel solch hohe Spannungen für ihre Forschung; aus diesem Grunde verbesserten sie nebenher den Transformator, der Nikola Teslas Namen trägt. Für die Ausstellung über die beiden Physiker Julius Elster und Hans Geitel war ein solcher Trafo daher interessant und obendrein verfügbar, denn Jonathan Schillings Faible für Erscheinungen der Elektrizität manifestierte sich schon vor Jahren. Er kennt sich mit ihrem Bau aus und was herauskommt, ist nicht ohne repräsentativen Wert.

js0252 Es ist nicht der erste Teslatransformator, den ich gebaut habe. Langwierig sind die Arbeiten für den Kondensator. Spaß macht, die Platten feinzuschleifen, zu lackieren. Dass es perfekt aussieht.

Einmal abgesehen von jenen speziellen Zielen, die Elster und Geitel mit ihrem Transformator verfolgten, war die Erfindung des Transformators an sich schon ein technologischer Meilenstein. Jonathan Schilling entwirft ein Bild aus Tagen mit der Elektrizität noch den Kinderschuhen.

js0727 Im Amerika des 19. Jahrhunderts kam elektrisches Licht langsam auf. Gleichstrom musste in - ähnlich wie Hydranten aufgestellten - Kraftwerken erzeugt werden. Tesla hatte sich zur Aufgabe gemacht, die Kraft der Niagarafälle nutzbar zu machen und das ist ihm aufgrund des Wechselstroms möglich geworden.


UMWELTRADIOAKTIVITÄT NEBELKAMMER ATOMENERGIE
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Elektriker sind gefragte Handwerker, sie verlegen Leitungen und reparieren Schalter: Das Attribut "Luftelektriker" löst aber sehr wahrscheinlich Irritation aus, denn landläufig gibt es Strom ohne Kontakte und Leitungen gar nicht. Dass die wichtigsten "Luftelektriker" Wolfenbüttels keine Scharlatane, sondern honorige Männer waren, obwohl sie im Garten zwischen Blechschalen Kabel zogen und sodann dem Regen entgegensahen, weiß ihr Biograf. Eine Frucht seines Interesses an und seines Engagements für die regionale Wissenschaftsgeschichte ist eben jene Ausstellung zu Julius Elster und Hans Geitel, die im Zentrum der heutigen Nanometer-Extraausgabe steht.

Anhand der Zinkschale im Garten wollten Julius Elster und Hans Geitel feststellen, ob und wie Regen elektrisch geladen sind. Sobald man sich Gewitterwolken und Blitz als Naturerscheinung vergegenwärtigt, wirken derlei Bemühungen gleich weniger schrullig. Wie der Wassertropfen oder ein Eiskristall zu elektrischer Ladung kommt, ist auch ein Jahrhundert nach Elster und Geitel nicht vollständig geklärt. Doch wer erfahren möchte, wie es dazu kommt, dass die Luft immer auch positiv und negative geladene Molekülionen enthält, der erfährt in der Sonderausstellung über Elster und Geitel den Hintergrund.

rf0538 Ich spanne einmal Bogen weiter. Die Atmosphäre ist elektrisch, ionisiert. Es muss irgend einen Motor geben, der die Luft ionisiert. Und dann 1896 kam die Nachricht, dass Herr Bequerel in Frankreich an Uransalzen eine ionisierende Wirkung beobachtet hat. Diese Mitteilung haben Elster und Geitel aufgegriffen und haben untersucht, wie funktioniert denn das Ganze und so sind sie auf den Weg der Radioaktivität gekommen und haben sich losgelöst von der atmosphärischen Elektrizität mit diesem Themenbereich beschäftigt.

Beim sogenannten Glockenapparat nutzten sie die Entstehung geladender Teilchen zur Messung von Radioaktivität aus: Je leitfähiger sie die umgebende Luft macht, desto stärker radioaktiv ist die Probe in diesem Apparat. Das für einen Ausstellungsmacher betrübliche dabei ist: Sinnlich wahrnehmbar erhöhte Leitfähigkeit nicht. Doch im Inneren eines Schaustückes aus dem Besitz der Physikalisch-technischen Bundesanstalt verraten sich die von radioaktiven Substanzen ausgehenden Partikel durch eine sichtbare Tröpfchenspur.

hm0133 Das ist diese wunderbare Nebelkammer. Ich fürchte, ich mache mich ein bisschen lächerlich, weil ich diese naturwisssenschaftlichen Implikationen nicht gut darstellen kann. Aber es ist ein ausgesprochen ästhetisches Vergnügen, wenn man sich anschaut, wie diese Strahlen sich materialisieren. Das ist glaube ich ein bestimmtes Gasgemisch, das das ermöglicht; es steigt da ja auch so Nebel auf. Da sieht man einmal, was man sich sonst gar nicht vorstellt, wie wir von Strahlen durchdrungen sind. Man kann sie dann wirklich sehen und das geht durch unseren Körper durch, ohne uns zu schaden.

Hans-Christian Mempel, seines Zeichens Historiker und Koordinator des Elster&Geitel-Erinnerungsprojektes, äußert sich voller Begeisterung über die Nebelkammer. Ob die Physiker Elster und Geitel sich dem von Hans-Christian Mempel angesprochenen ästhetischem Vergnügen hingegeben hätten, wissen wir nicht. Sicher allerdings haben sie richtungsweisend über Herkunft der Energie solcher Prozesse gedacht. 1899, als über den Aufbau von Atomen noch kaum etwas bekannt war, man sie aber immerhin für unteilbar hielt, läuteten die beiden Wolfenbütteler schon wieder den Abbruch des Lehrgebäudes vom unveränderlichen Atom ein. Rudolf Fricke über ihre Motivation dabei

rf0652 Elster und Geitel waren dann diejenigen, die gesagt haben, wir können das Phänomen der Radioaktivität nur damit erklären, dass wir davon ausgehen: Ein Atom zerfällt. Es gibt Teilchen ab und das ist dann der Weg zu Alpha-, Beta- und Gammastrahlung. Also Elster und Geitel waren Vorreiter dieses heute bestätigten Phänomens.

 
 



Radio Okerwelle 104.6,
Manuskript der Sendung "Nanometer" vom 28.08.2007
 
 

DER REKONSTRUIERTE GLOCKENAPPARAT   Beitrag hören   (2,6 Megabyte / 5min35s )

Ständig zerfallen in der Erde enthaltene instabile Elemente und geben dabei Strahlung ab. Permanent prasseln, gedämpft durch die Atmosphäre, energiereiche UV- und Gammastrahlen aus dem Weltall auf Pflanze, Tier und Mensch herab. Alles zusammen stellt die natürliche Umgebungstrahlung dar. Nach Atombombenabwürfen und Reaktorkatastrophen löst schon das Wort Radioaktivität Unbehagen aus. Früher war man von ionisierender Strahlung fasziniert. Die 1896 entdeckte Radioaktivität war eine rätselhafte Energie. Sie war ein Feld, das wissenschaftlichen Lorbeer versprach. Mag sein, dass ihre Namen heute nur noch Wissenschaftshistorikern ein Begriff sind, die Wolfenbütteler Forscher Julius Elster und Hans Geitel mischten bei der Aufklärung der Radioaktivität ganz vorne mit.

Zu Lebzeiten waren Julius Elster und Hans Geitel mehrfach für den Nobelpreis vorgeschlagen worden. Welches Ansehen sie damals hatten, erweist ein Vorgang, auf den Rudolf Fricke, Physiklehrer an der Leibniz-Realschule, kürzlich stieß. Die damalige Medizin schrieb der Radioaktivität Heilwirkungen zu. So lag für Kurdirektoren der Gedanke nah, den Besonderheiten von Luft, Wasser oder Erde ihres Ortes durch wissenschaftlich erhobene Fakten ein Fundament verleihen.

rf0231 Ich war gerade im Urlaub in der Nähe von Bad Kreuznach. Da haben wir den Radonstollen besucht, da gibt es eine Verbindung zu Elster&Geitel. Nämlich Bad Kreuznach hat einmal eine Wasser- und eine Luftprobe an Elster und Geitel gesandt, mit der Bitte zu untersuchen, ob das denn radioaktiv ist.

Die Entdeckung der Radioaktivität lag nicht weit zurück, sie zu Messen gelang Julius Elster und Hans Geitel mittels eines selbst entwickelten Apparates, von dem an ihrer Wirkungsstätte, der Großen Schule in Wolfenbüttel, Teile erhalten geblieben sind. Eine 45 Zentimeter hohe Glasglocke, die dazu gehörte und ihm die Bezeichnung "Glockenapparat" einbrachte, war nicht mehr auffindbar. Einen Namen hatte der Apparat bei Elster und Geitel noch nicht.

rf0214 Dieser Apparat heißt bei Elster&Geitel "Apparat zur Messung von Radioaktivität von Luft-, Boden- und Wasserproben"

Für die im September anlaufende Ausstellung, durch welche Julius Elster und Hans Geitel wieder in Erinnerung gebracht werden sollen, hat man an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt PTB die vermissten Teile neu angefertigt. Als Messprinzip nutzten die zwei Physiker aus, dass, wenn die von radioaktiven Stoffen ausgehenden Strahlen auf Moleküle der Luft treffen, diese Elektronen aus den Luftmolekülen herausschlagen, welche so positiv geladen zurückbleiben. Aufgrund dieses Vorgangs im atomaren Bereich wird die sonst elektrisch isolierende Luft leitend. Die Geschwindigkeit, mit der deswegen eine durch den Experimentator auf einen Zylinder im Inneren des Glockenapparates übertragene Ladung abfließt, nahmen Elster und Geitel als Maß für die Radioaktivität der Probe.

rf0101 Ein radioaktiver Stoff ionisiert die Umgebungsluft und jetzt hat man Zylinder, der negativ elektrisch aufgeladen wird und durch das Präparat wird die Umgebungsluft ionisiert und entlädt diesen Zylinder und das wird über das Elektrometer, das mit dem Zylinder verbunden ist, angezeigt.

Unter der Glasglocke in der Mitte des Schaustückes zu erkennen ist dieses Elektrometer. Dessen Blättchen spreizen sich, solange eine Aufladung vorliegt. Wie die Zweige eines Tannenbaums sinken sie, wenn diese verschwindet.

rf0144 Sie haben gesessen mit einer Uhr und haben einfach das sich einander annähern der Blättchen über eine Zeitachse registriert. Das hab man aufgetragen über einer Grafik und dann konnte man anhand des Elektrizitätsverlustes über die Zeit konnte man genau sagen, soundso aktiv ist ein Präparat.

Dass der Glockenapparat Wirkungen und ein Verfahren zur Messung der Radioaktivität anschaulich macht, sprach zum einen für seine Wiederherstellung. Überdies aber merkt Rudolf Fricke an, dass er eine Pionierleistung Elster & Geitels war.

rf0319 Dieses war das erste Gerät, mit dem man radioaktives Material gemessen hat und das Grundlage für weitere Entwicklungen gab. Dieses Gerät ist dann bald von Firma von Günther und Tegetmeyer viel handlicher ausgestaltet worden. Solch ein Gerät werden wir auch in der Ausstellung auch präsentieren. Das gibt es nur noch einmal auf der Welt, in Florenz in einem Museum und von dort werden wir das als Leihgabe bekommen.

Sie hörten zuletzt Rudolf Fricke, Physiklehrer und Experte für Wissenschaftsgeschichte, die in der Region Braunschweig geschrieben wurde. Markus Hiereth berichtete über ein Stück, welches demnächst das Museum im Schloss Wolfenbüttel zeigen wird. Den Rahmen bildet die Ausstellung zum Elster & Geitel - Erinnerungsprojekt. Sie wird am kommenden Sonntag um 11 Uhr eröffnet und kann dann bis zum 18. November dienstags bis sonntags von 10.00 bis 17.00 Uhr besucht werden.

 
 



Radio Okerwelle 104.6,
Manuskript der Sendung "Der Abend" vom 07.07.2007
 
 

GEWITTERENTSTEHUNG NACH ELSTER&GEITELS THEORIE

Unter freiem Himmel saßen am Sonntag die Kapazitäten der "Stadt der Forschung 2007" in großer Zahl auf dem Burgplatz am runden Tisch. Die Einladungen zu Statements unter dem Bronzelöwen sprach die Braunschweiger Zeitung aus. Auch die Organisation ging von ihr aus, das ist korrekt. Ebenso eine Erwähnung wert sei uns in diesem Wissenschaftsmagazin allerdings, dass Petrus' Küche überhaupt dieses Garen und Dünsten in der Braunschweiger Ideenküche wohlwollend zuließ, denn Wind, Hagel, Schauer, Graupel, Blitz und Donner sind bekannte Gänge im meteorologischen Menü. Über deren Zubereitung sinnierten zwei Wolfenbütteler bereits vor über hundert Jahren: Julius Elster und Hans Geitel. Rudolf Fricke ist ihren Verdiensten in der Forschung nachgegangen so lag es nahe, dass Markus Hiereth ihn nach deren Theorie zur Gewitterentstehung fragte.

Interviewausschnitt hören   (0,6 Megabyte / 1min15s )

rf1653 Ich brauche Thermik. Schwüle Luft treibt Dunstteilchen nach oben, dort bilden sich dann Wolken und ich habe in der Wolke eine starke Strömung nach oben. In den oberen Schichten ist es sehr kalt, Dunstteilchen gefrieren, und werden dann zu Hagelkörnern. Diese Körner sind schwer, fallen nach unten, es werden Dunstteilchen durch die Thermik weiterhin nach oben getrieben, unterwegs kollidieren Dunstteilchen und die Hagelkörner. Dann passiert, was jeder kennt, wer durch das Kaufhaus gegangen ist über den Fußboden und hat dann an die Rolltreppe gefasst, an Metallkörper gefasst, man kriegt einen elektrischen Schlag. Es findet also durch die Reibung, wie man sagt, ein Ladungsaustausch statt und dann fliegen halt die Dunstteilchen positiv geladen nach oben und die Hagelkörner sinken negativ geladen nach unten. Irgendwann ist der Ladungsunterschied so groß, dass es zur bekannten Blitzentladung kommt.

So weit Rudolf Fricke, eine treibende Kraft beim Elster & Geitel Erinnerungsprojekt. Ab dem 2. September folgt man im Schloss Wolfenbüttel den Lebenswegen von Julius Elster und Hans Geitel. Dort wird eine Ausstellung ihr wissenschaftliches Werk vermitteln. Aktuelle Informationen dazu sind im Internet unter www.elster-geitel.de hinterlegt.

Nicht verschwiegen sei, dass man in Hannover einer etwas anderen Theorie der Gewitterentstehung anhängt. Im Zentrum steht dabei das Auseinanderbrechen von Eiskristallen, wobei dem Meteorologen Thomas Hauf zufolge, ungleich große und entgegensetzt aufgeladende Bruchstücke entstehen. Wegen der besagten starken Aufwinde setzt sich die Erdanziehung nur bei den großen, immer positiven geladenen Eisstücken durch. Nur sie fallen herab. [Start Musikstück] Dadurch lädt sich die Wolke immer stärker negativ auf. Irgendwann wird der Ladungsunterschied übergroß, dann gibt es Blitze und es kracht: The Cure - Prayers for rain.

 
 



Radio Okerwelle 104.6,
Manuskript der Sendung "Nanometer" vom 08.04.2007
 
 

ELSTER&GEITEL ERINNERUNGSPROJEKT

An der "Großen Schule", dem ersten Gymnasium Wolfenbüttels, wirkten Julius Elster und Hans Geitel um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert als Lehrer. Das Kulturamt der Stadt Wolfenbüttel, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt und die Stiftung NordLB/Öffentliche wollen dieses Jahr die beiden Herren wieder in Erinnerung bringen. Hans-Christian Mempel, Historiker am Schlossmuseum, setzt ein erstes Schlaglicht auf die Persönlichkeiten.

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hm0230 Es ist ein Freundespaar, sie kennen sich seit Kindesbeinen, das sich wirklich ganz und gar der Wissenschaft verschrieben hat, in einer Intensität, die, sagen wir es deutlich, familienunfreundlich ist ...

was offenbar das Leben der Ehefrau und des Adoptivsohns Julius Elsters überschattet hat. Der Umstand, dass Elster und Geitel Tag und Nacht Probleme der Physik im Kopf hatten und ausforschten, zeitigte aber auch Früchte. Zwischen 1904 und 1911 schlugen vier Träger eines Nobelpreises vor, die beiden Wolfenbütteler Lehrer ebenso zu dekorieren. Sie hätten in Berlin vor Studenten dozieren und täglichen Umgang mit den Kapazitäten der deutschen Physik pflegen können, wenn es den beiden in den privaten Kellerlabors nicht so wunderbar gepasst hätte. Statt Nobelpreis ernteten Elster und Geitel immerhin die Anerkennungen der altehrwürdigen herzöglichen Administration.

hm0433 Sie sind später zu Professoren ernannt worden und zu Geheimen Hofräten und sehr viele wissenschaftliche Institutionen in- und außerhalb Deutschlands haben sie zu Mitgliedern ernannt.

Entsprechende Urkunden, Korrespondenz und Manuskripte bewahrt die Herzog-August-Bibliothek im Nachlass auf. Laborjournale gehören ebenfalls dazu und in ihnen tauchen höhere Mathematik und Chemikaliennamen auf, doch Rudolf Fricke zufolge waren die zwei Forscher zunächst einem Gebiet verbunden, das nicht ganz ohne Bezug zu Gärtnerei und Gemüsebau im Städtchen war.

rf0215 Elster und Geitel waren eigentlich Luftelektriker. Sie hat interessiert, wie funktioniert das eigentlich mit der atmosphärischen Elektrizität, wie entstehen Gewitter, warum ist die Atmosphäre elektrisch geladen.

Wetterleuchten und Blitzeinschläge demonstrieren dies machtvoll, doch Voraussetzung einer Erklärung war das Erheben von Daten zur Feststellung gewisser Abhängigkeiten. Genau dies führte Elster und Geitel zu den Brennpunkten der damaligen Naturwissenschaft. Überdies nahm die Entwicklung eines in der Messtechnik bedeutenden Bauteiles im Grünen ihren Ausgang ...

rf0244 Elster und Geitel haben in ihrem Garten gesessen und haben ein Gerät gehabt, das war eine Zinkschale, die einen Rand hatte und haben auf den nächsten Regen gewartet, der in dieser Schale aufgefangen werden sollte. Sie wollten einfach gucken, wie stark und wie polarisiert ist der Regen. Sie warteten auf den Regen und es schien noch die Sonne. Sie haben ausprobiert, ob die Leitungen in Ordnung sind, und so weiter - als sie den Deckel des Gerätes öffneten, sahen sie, dass ihr Messinstrument, ihr Elektrometer, eine Reaktion zeigt. Das heißt, Sonnenlicht bewirkt offensichtlich etwas elektrisches.

Sie erinnerten sich eines Artikels über den photoelektrischen Effekt und nahmen systematische Untersuchungen auf, in welchen sie anstelle von Zink andere Metalle dem Licht aussetzten. Für die speziell interessierenden, unbeständigen Alkalimetalle waren Messungen erst möglich, als sie diese in einem abgeschmolzenen Glaskolben vor dem Luftsauerstoff schützten. Elster und Geitels "lichtelektrische Vakuumzelle" steckte später miniaturisiert millionenfach in Lichtmessgeräten, Tonfilmprojektoren und Kameras. Geradeso folgenreich war jedoch die theoretische Deutung des Geschehens in der gläsernen Kugel. Frank Wissmann [Der Name wurde nach Ausstrahlung in diesem Manuskript berichtigt und die Audiodatei überarbeitet, mh] von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt sagt, Geitel und Elster waren befasst mit dem Effekt ...

fw0115 der die ganze moderne Quantentheorie im 20. Jahrhundert begründet hat. Der Albert Einstein dazu geführt hat, die Lichtquantenhypothese einzuführen, das wurde mit solchen Zellen ursprünglich untersucht, konnte aber zu der damaligen Zeit nicht geklärt werden, warum das so ist.

Den Schlüssel, wonach in solchen Zellen Lichtteilchen, die heute so genannte "Photonen", aus der Metalloberfläche Elektronen herausschlagen, publizierte Albert Einstein 1905 und er brachte ihm 1921 den Physiknobelpreis ein. Als Praktiker bereitete es Elster und Geitel aber auch Genugtuung, dass ihre in Kooperation mit Braunschweiger Instrumentenbauern konstruierten Geräte anderswo von großem Nutzen waren, beispielsweise bei der Messung von Sternhelligkeiten an einem Observatorium in den Schweizer Hochalpen. Einige dieser historischen Instrumente wird man im Schlossmuseum ausstellen. Weil das Augenmerk im Elster-Geitel-Erinnerungsprojekt stark auf dem Weitertragen einer Kultur des Wissens liegt, sollen Besucherinnen und Besucher überdies direkte Anschauung der Phänomene bekommen, welche Elster und Geitel in ihrem Keller fesselten und worüber sie nach gewissenhaften Experimenten wissenschaftliche Artikel schrieben. Radioaktive Strahlung war ein solches, damals brandneues Phänomen. Dirk Arnold beschreibt eine daher seitens des Bundesamtes für Strahlenschutz zur Ausstellung beigesteuerte Apparatur.

da0317 Das müssen sie sich so vorstellen, dass auf einer Drehscheibe sind verschiedene Strahlungsquellen, auf einer anderen Drehscheibe sind verschiedene Filter, sie können die übereinanderfahren und sie können sehen mit einem Detektionsapparat: Wie stark sind die Quellen, wie leicht kann man sie abschirmen, das wird so ein Exponat zum Anfassen sein.

Zweifelsohne begeistern würde Elster und Geitel ein Service in der Ausstellung: Nämlich, dass dort an einem Computer Messdaten zur Umgebungsstrahlung abgerufen werden können, welche ein modernes, auf dem Schlossturm angebrachtes Messgerät aufnimmt. Zum Programm des Elster-Geitel-Erinnerungsprojektes tragen Dirk Arnold und Frank Wissmann von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt auch mit Vorträgen aus ihren Fachgebieten, der kosmischen Strahlung und der Umweltradioaktivität bei. Bis zum 18. November sind noch sieben weitere Referenten aus der ganzen Bundesrepublik nach Wolfenbüttel geladen, doch aufgenommen wird die Vortragsreihe erst mit der Eröffnung der Ausstellung, am Sonntag den 2. September. Was dafür spricht, dass die beteiligten Institutionen schon fünf Monate im voraus auf ihr Vorhaben aufmerksam machen, erläutert Rudolf Fricke.

rf1901 Wir wollen natürlich unsere Projektpartner, die Große Schule, die beteiligt ist, diese Schüler motivieren, vielleicht auch noch andere motivieren, sich zu beteiligen. Das kann man nicht machen, wenn die Ausstellung eröffnet ist, sondern das muss man ein Stück weit vorher tun.

Die Plattform, die zum Einholen von Informationen und zur Kontaktaufnahme genutzt werden kann, konnte Hans-Christian Mempel vom Schloss Wolfenbüttel schon Ende März der Presse vorstellen.

hm0008 Das ist unsere Website. Unter www.elster-geitel.de kann man sich über die Biografie, das Werk und unser Erinnerungsprojekt informieren. Kontaktaufnahme. Partner und Förderer. Es ist alles verlinkt.

Auf das Elster und Geitel - Erinnerungsprojekt in Wolfenbüttel stimmte Sie dieser Beitrag von Markus Hiereth hoffentlich in bester Weise ein.